„Und da wurde mir plötzlich die Gedankenlosigkeit meiner ganzen Bemerkung klar. Der Kurt war Jude, er konnte gar nicht einer von uns sein.“ Bis zu diesem Tag sind Kinder zusammen auf die Schule gegangen, waren beste Freunde. Einen Tag später gibt es da einen Unterschied. Das sind die einen – und das sind die anderen.
„Und auf einmal mußte man morgens, wenn man in die Schule kam, nicht mehr „Guten Morgen“ sondern „Heil Hitler“ sagen.“ Und dann war da das Gebet an den Führer statt dem Vater Unser.
„Der Bund deutscher Mädel, ich wollte unbedingt dahin, ich fand das wunderschön, weil da hat man schön am Lagerfeuer gesessen und gemeinsam Lieder gesungen – was ja auch wirklich schön sein kann –, aber die Eltern haben es mir nicht erlaubt, weil die vielleicht schon damals wussten: Es geht nicht um das Gefühl von Wohlfühlen und von Freiheit.“
„Einer von euch sein“ ist eine szenische Lesung auf Grundlage anonymisierter Berichte von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen.
Was muss ich für ein Mensch sein, damit ich wach bleibe, widerständig bin, mich Widerstand traue? Muss ich von Menschen umgeben sein, die Widerstand leisten? Oder schaffe ich das auch alleine – als Einzige*r?
Regie: Astrid Endruweit
Spiel: Susi Claus und Astrid Endruweit
Temporäres Denkmal: Stefka Ammon
Puppenbau: Judith Mähler
Gefördert durch das Bezirksamt Mitte von Berlin, Amt für Weiterbildung und Kultur, Fachbereich Kunst, Kultur und Geschichte
„Herzliche Gratulation zu diesem gelungenen, berührenden und enorm wertvollen Stück! Ich bin nachhaltig bewegt. Ich habe mich zwar auch schon des Öfteren und intensiv mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinandergesetzt, dennoch hat mir der Abend gestern noch einige neue Aspekte eröffnet. Besonders für die Fragen, warum haben die alle damals mitgemacht, warum gab es so wenig Widerstand und so viel Begeisterung, etc. waren die präsentierten Originalzitate sehr erhellend. Denn es war (auch) damals schon sehr früh klar, worauf dieses faschistische Regime hinauslaufen wird. Aber der kleine Mann, die kleine Frau, haben sich trotzdem einlullen lassen von der Propaganda. Oder haben gedacht, es wird schon nicht alles so schlimm sein oder werden. Solche Fehleinschätzungen kenne ich auch aus den Erzählungen meiner Familie.
Und genau das sind jetzt auch wieder die Meinungen von vielen, na wenn der oder die an die Macht kommt, wird es wohl nicht so schlimm werden… Wir sollten aber aus der Geschichte lernen. Wir sollten auf der Hut sein vor der wilden Propaganda, die gerade (wieder) unsere Gesellschaft vergiftet.
Und genau aus diesem Grund finde ich dieses Stück für den Moment ein enorm wichtiges, weil aufrüttelndes Zeugnis. In meinen Augen wäre es ein Gebot der Stunde, dieses Stück gerade jetzt, heute, hier – überall zu zeigen. Es wäre ein starkes Zeichen und würde (hoffentlich) viele zum Nachdenken bringen. Auch die künstlerischen Mittel, die ansprechende Puppen, das unaufgeregte Spiel, die Intimität der Szenen machen es künstlerisch äusserst wertvoll.“
Brigitta Soraperra, Regisseurin, Kulturvermittlerin TAK Theater Liechtenstein